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professoren_webseiten:rebholz:emv [2020/06/14 19:48] – [Leitungsverbindungen im Fahrzeug] hrebholzprofessoren_webseiten:rebholz:emv [2023/10/06 08:00] (aktuell) – [1.6 Woher kommen die Grenzwerte?] hrebholz
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   *CEN Europäisches Komitee für Normung   *CEN Europäisches Komitee für Normung
   *CENELEC Europäisches Institut für elektrische Normung   *CENELEC Europäisches Institut für elektrische Normung
-  *ETIS Europäisches Institut für Telekommunikationsnormen+  *ETSI Europäisches Institut für Telekommunikationsnormen
 Zu erkennen sin die europäischen Normen am Zusatz EN XX, z.B. EN 61000-6-1. Ein rein formaler Akt ist die Ratifizierung (Übernahme) der europäischen Norm  Zu erkennen sin die europäischen Normen am Zusatz EN XX, z.B. EN 61000-6-1. Ein rein formaler Akt ist die Ratifizierung (Übernahme) der europäischen Norm 
 in das nationale Normenwerk. Die Übernahme erfolgt mit dem Zusatz DIN-EN. Weiter Infos zu der Arbeit von Normenausschüsse sind unter www.din.de zu finden. in das nationale Normenwerk. Die Übernahme erfolgt mit dem Zusatz DIN-EN. Weiter Infos zu der Arbeit von Normenausschüsse sind unter www.din.de zu finden.
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 Schriften. Um eine Systematik in die Normenwelt zu bekommen ist es möglich drei verschiedene Arten von Normen zu unterscheiden:\\ Schriften. Um eine Systematik in die Normenwelt zu bekommen ist es möglich drei verschiedene Arten von Normen zu unterscheiden:\\
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-Eine **Fachgrundnorm** enthält die übergeordneten Anforderungen an unsere Geräte hinsichtlich Störfestigkeit uns Aussendung. **Grundnormen**+Eine **Fachgrundnorm** enthält die übergeordneten Anforderungen an unsere Geräte hinsichtlich Störfestigkeit und Aussendung. **Grundnormen**
 hingegen erläutern die Anforderungen an physikalische Messverfahren. Sie sind die Basis dafür, dass einheitlich und reproduzierbar gemessen und  hingegen erläutern die Anforderungen an physikalische Messverfahren. Sie sind die Basis dafür, dass einheitlich und reproduzierbar gemessen und 
 geprüft werden kann. An letzter Stelle stehen die **Produktnormen**. Hierin wird gezielt eine Unterscheidung in der Anwendung getroffen.  geprüft werden kann. An letzter Stelle stehen die **Produktnormen**. Hierin wird gezielt eine Unterscheidung in der Anwendung getroffen. 
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 Abkürzungen zusammensetzt. In Wirklichkeit handelt es sich sogar um gar keine „richtige“ Einheit, Wikipedia spricht sogar zurecht von einem - Pseudomaß! Abkürzungen zusammensetzt. In Wirklichkeit handelt es sich sogar um gar keine „richtige“ Einheit, Wikipedia spricht sogar zurecht von einem - Pseudomaß!
 „d“ steht hier für die Multiplikation mit dem Faktor 10 (Dezi)  „d“ steht hier für die Multiplikation mit dem Faktor 10 (Dezi) 
-„B“ wurde zu Ehren des Alexander Graham Bell, welcher als Erster die Industrialisierung des Telefons vorangetrieben hatte, gesetzt. +„B“ wurde zu Ehren des [[https://de.wikipedia.org/wiki/Alexander_Graham_Bell|Alexander Graham Bell]], welcher als Erster die Industrialisierung des Telefons vorangetrieben hatte, gesetzt. 
 Ähnlich wie bei den trigonometrischen Funktionen muss das Argument des Logarithmus stets einheitenlos sein! So ist es ja zum Beispiel nicht möglich den  Ähnlich wie bei den trigonometrischen Funktionen muss das Argument des Logarithmus stets einheitenlos sein! So ist es ja zum Beispiel nicht möglich den 
 Sinus von 5V sin(5V)  bzw.. den Logarithmus von 20A log10(20A). Sinus von 5V sin(5V)  bzw.. den Logarithmus von 20A log10(20A).
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 Ströme entsprechend als Effektivwert in dBA, usw. Ströme entsprechend als Effektivwert in dBA, usw.
 </WRAP> </WRAP>
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 +Eine gute Zusammenfassung und viele weiter Informationen zum Thema logarithmische Pegel finden Sie in den Application Notes von Rhode&Schwarz [[https://www.rohde-schwarz.com/de/applikationen/db-oder-nicht-db-educational-note_230850-15534.html?change_c=truem|Link]]\\
 +(Natürlich gibt es dazu auch verschiedene Rechner für Smartphones, siehe Link)
  
 ==== 2.3 Messung der leitungsgebundenen Emission ==== ==== 2.3 Messung der leitungsgebundenen Emission ====
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 </WRAP> </WRAP>
 Der Donwload Impulse.zip (siehe oben) enthält das gezeigt Beispiel im Zeit- und Frequenzbereich. Zusätzlich sind weiter Impulse enthalten mit denen sich Änderungen im Zeitbereich (Anstiegszeit, Periodendauer, usw.) im Frequenzbereich beobachten lassen. Der Donwload Impulse.zip (siehe oben) enthält das gezeigt Beispiel im Zeit- und Frequenzbereich. Zusätzlich sind weiter Impulse enthalten mit denen sich Änderungen im Zeitbereich (Anstiegszeit, Periodendauer, usw.) im Frequenzbereich beobachten lassen.
 +Das nachfolgende Video beinhaltet eine kurze Einführung in LTSpice zum Aufbau und Simulationssetup der Rechteckimpulse. Zum Abschluss werden die Fourierkoeffizienten händisch berechnet und mit den Werten aus LTSpice verglichen.
 +{{youtube>2NhfY9oEwqY?medium}}
  
 ==== 3.1 EMV- Tafel ==== ==== 3.1 EMV- Tafel ====
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 Die Eigenschaft "sehr hoch" ist natürlich relativ. In der Praxis reichen uns Dämpfungswerte aus welche unser Störgrößen unterhalb die Grenzwerte drücken. Als perfekt würde ich einen Filter bezeichnen der Dämpfungswerte erreicht die mit einem Netzwerkanalysator nicht mehr messbar sind. Je nach Kalibrierung liegt die Rauschgrenze zwischen -80 und -100dB. Für  -100dB bedeutet das, dass ein Eingangssignal um den Faktor 10<sup>5</sup> verringert wird oder anschaulich: Aus einem 1V Eingangspegel verbleiben noch 10µV. Überlegen sie sich an der stelle kurz welche Auflösung ihr Oszilloskop hat wenn die Amplitude auf höchster Auflösung eingestellt ist. Die Eigenschaft "sehr hoch" ist natürlich relativ. In der Praxis reichen uns Dämpfungswerte aus welche unser Störgrößen unterhalb die Grenzwerte drücken. Als perfekt würde ich einen Filter bezeichnen der Dämpfungswerte erreicht die mit einem Netzwerkanalysator nicht mehr messbar sind. Je nach Kalibrierung liegt die Rauschgrenze zwischen -80 und -100dB. Für  -100dB bedeutet das, dass ein Eingangssignal um den Faktor 10<sup>5</sup> verringert wird oder anschaulich: Aus einem 1V Eingangspegel verbleiben noch 10µV. Überlegen sie sich an der stelle kurz welche Auflösung ihr Oszilloskop hat wenn die Amplitude auf höchster Auflösung eingestellt ist.
 Eine möglichst hohe Stromtragfähigkeit ist noch relativer. Die Herausforderung besteht darin Filter hoher Stromtragfähigkeit aufzubauen, da die Auswahl an verfügbaren Induktivitäten sich schlagartig reduziert bei Strömen >10A. Besonders im Bereiche > 100A wird die Luft sehr dünn und es können nur noch Ferrite eingesetzt werden. Damit keine Sättigung auftritt müssen die Ferritkerne zusätzlich mit einem Luftspalt von einander getrennt werden.\\ Eine möglichst hohe Stromtragfähigkeit ist noch relativer. Die Herausforderung besteht darin Filter hoher Stromtragfähigkeit aufzubauen, da die Auswahl an verfügbaren Induktivitäten sich schlagartig reduziert bei Strömen >10A. Besonders im Bereiche > 100A wird die Luft sehr dünn und es können nur noch Ferrite eingesetzt werden. Damit keine Sättigung auftritt müssen die Ferritkerne zusätzlich mit einem Luftspalt von einander getrennt werden.\\
-Nachfolgend ein Beispiel für ein 12V Filter welches bei einem Strom von 200A maximal mögliche Dämpfungswerte erzielen soll. Theoretisch benötigen wir um hohe Dämpfungswerte zu erzielen keine mehrstufigen Filter. Die Mehrstufigkeit verwendet man tpyischerweise um steile Flanken im Dämpfungsverlauf zu erhalten. Sie erinnern sich, der Dämpfungsverlauf einstufiger Tiefpassfilter sinkt mit 20dB/Dekade, zweistufige Tiefpassfilter mit 20dB/Dekade und so weiter. In der EMV verwenden wir die Mehrstufigkeit um das nicht ideale Verhalten der Bauteile zu kompensieren. Der aufgebaute Filter besteht aus sechs L-C Stufen. Die Besonderheit liegt darin, dass der induktive Anteil nur durch die Kupferleitung entsteht. Die Werte sind mit 12nH natürlich entsprechend klein. Als Daumenregel kann als Induktivitätsbelag ein Werte von 10nH/cm angenommen werden.+Nachfolgend ein Beispiel für ein 12V Filter welches bei einem Strom von 200A maximal mögliche Dämpfungswerte erzielen soll. Theoretisch benötigen wir um hohe Dämpfungswerte zu erzielen keine mehrstufigen Filter. Die Mehrstufigkeit verwendet man tpyischerweise um steile Flanken im Dämpfungsverlauf zu erhalten. Sie erinnern sich, der Dämpfungsverlauf einstufiger Tiefpassfilter sinkt mit 20dB/Dekade, zweistufige Tiefpassfilter mit 40dB/Dekade und so weiter. In der EMV verwenden wir die Mehrstufigkeit um das nicht ideale Verhalten der Bauteile zu kompensieren. Der aufgebaute Filter besteht aus sechs L-C Stufen. Die Besonderheit liegt darin, dass der induktive Anteil nur durch die Kupferleitung entsteht. Die Werte sind mit 12nH natürlich entsprechend klein. Als Daumenregel kann als Induktivitätsbelag ein Werte von 10nH/cm angenommen werden.
  
 {{ :professoren_webseiten:rebholz:hochstromfilter_schaltplan_n.jpg?direct&700 |}} {{ :professoren_webseiten:rebholz:hochstromfilter_schaltplan_n.jpg?direct&700 |}}
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 {{ :professoren_webseiten:rebholz:transmission_doppelleitung.jpg?direct&500 |}} {{ :professoren_webseiten:rebholz:transmission_doppelleitung.jpg?direct&500 |}}
  
-Die Grafik zeigt das Übersprechen der Eingangsports der beiden Adern sowie die Transmission eines Eingangsports zum Monopol. Der Grundpegel der Abstrahlung wird erfasst, wobei mit steigender Frequenz die Abweichung vom Simulationsmodell zur Messung zunimmt. Es ist deutlich zu sehen, dass die Abweichungen in der Abstrahlung auch in den leitungsgebundenen Parametern zu erkennen sind. Auch hier nimmt mit steigender Frequenz die Abweichung zu. Die Genauigkeit der Modelle zur Abstrahlung können somit auch aus den Abweichungen der Leitungsmodelle zu den gemessenen Daten extrapoliert werden. Aus Kapitel XY ist bekannt, dass die Abstrahlung der Leiteranordnungen in Zusammenhang mit dem auf den Leitern fließenden Strömen zu sehen ist. Stimmen die vom Modell zur Verfügung gestellten Eingangsimpedanzen nicht, ist es natürlich nicht möglich die Abstrahlung exakt zu berechnen.+Die Grafik zeigt das Übersprechen der Eingangsports der beiden Adern sowie die Transmission eines Eingangsports zum Monopol. Der Grundpegel der Abstrahlung wird erfasst, wobei mit steigender Frequenz die Abweichung vom Simulationsmodell zur Messung zunimmt. Es ist deutlich zu sehen, dass die Abweichungen in der Abstrahlung auch in den leitungsgebundenen Parametern zu erkennen sind. Auch hier nimmt mit steigender Frequenz die Abweichung zu. Die Genauigkeit der Modelle zur Abstrahlung können somit auch aus den Abweichungen der Leitungsmodelle zu den gemessenen Daten extrapoliert werden. Aus Kapitel 9.1 ist bekannt, dass die Abstrahlung der Leiteranordnungen in Zusammenhang mit dem auf den Leitern fließenden Strömen zu sehen ist. Stimmen die vom Modell zur Verfügung gestellten Eingangsimpedanzen nicht, ist es natürlich nicht möglich die Abstrahlung exakt zu berechnen.
 Das gleiche Ergebnis resultiert aus der Betrachtung der Eingangsimpedanz bzw. Eingangsreflexion der Leiter in Messung und Simulation. Das gleiche Ergebnis resultiert aus der Betrachtung der Eingangsimpedanz bzw. Eingangsreflexion der Leiter in Messung und Simulation.
  
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 Links: Min. / Max aus unterschiedlichen Messungen, Rechts, Min / Max-Werte aus Simulation über den Adern\\ Links: Min. / Max aus unterschiedlichen Messungen, Rechts, Min / Max-Werte aus Simulation über den Adern\\
  
-Abbildung XY zeigt, dass die minimal und maximal auftretenden Transmission zum Monopol in der Wiederholungsmessung bis 450 MHz nahezu identisch ist. Das bedeutet, dass wir uns bis zu dieser Frequenz keine Gedanken zu Abweichungen aus dem Aufbau machen müssen. Ab 500 MHz gibt es an einigen Resonanzstellen deutliche Abweichungen bzw. gegenläufige Amplituden in der Transmission. Dazu muss jedoch erwähnt werden, dass der Kabelbaum zwischen den Messungen der Kabelbaum in der Mitte um 90° abgewinkelt wurde um danach wieder in die Ausgangsform zurückzukehren. Bei der Abwinkelung wurden sicher einige Leiter von ihrem vormaligen Platz verdrängt bzw. wurden an eine andere Stelle geschoben. Von weiteren Reparaturmaßnahmen wurde dabei abgesehen (kompletter Neuaufbau der Leiter etc.).\\+Die obige Abbildung zeigt, dass die minimal und maximal auftretenden Transmission zum Monopol in der Wiederholungsmessung bis 450 MHz nahezu identisch ist. Das bedeutet, dass wir uns bis zu dieser Frequenz keine Gedanken zu Abweichungen aus dem Aufbau machen müssen. Ab 500 MHz gibt es an einigen Resonanzstellen deutliche Abweichungen bzw. gegenläufige Amplituden in der Transmission. Dazu muss jedoch erwähnt werden, dass der Kabelbaum zwischen den Messungen der Kabelbaum in der Mitte um 90° abgewinkelt wurde um danach wieder in die Ausgangsform zurückzukehren. Bei der Abwinkelung wurden sicher einige Leiter von ihrem vormaligen Platz verdrängt bzw. wurden an eine andere Stelle geschoben. Von weiteren Reparaturmaßnahmen wurde dabei abgesehen (kompletter Neuaufbau der Leiter etc.).\\
 Bis ca. 300 MHz zeigt sich kaum Abweichung zwischen Minimaler und Maximaler Abstrahlung. Das bedeutet, dass alle Leiter in etwa den selben Anteil zur maximalen Abstrahlung besitzen. Je größer der Abstand zwischen minimaler und maximaler Kurve ist desto unterschiedliche ist die Abstrahlung der Einzelleiter. Es existiert somit immer ein oder mehrere Leiter mit maximaler Abstrahlung. Bis ca. 300 MHz zeigt sich kaum Abweichung zwischen Minimaler und Maximaler Abstrahlung. Das bedeutet, dass alle Leiter in etwa den selben Anteil zur maximalen Abstrahlung besitzen. Je größer der Abstand zwischen minimaler und maximaler Kurve ist desto unterschiedliche ist die Abstrahlung der Einzelleiter. Es existiert somit immer ein oder mehrere Leiter mit maximaler Abstrahlung.
 Dass verständlicherweise nicht alle Leiter die selbe Abstrahlung aufweisen zeigt sich auch in der Fekosimulation. In der Abbildung rechts ist die minimal und maximal mögliche Transmission zum Monopol aus der Simulation dargestellt. Eine Mittelwertberechnung bei komplexen Zahlen, welches die Streuparameter ja darstellen, macht nur bedingt Sinn, veranschaulichen allerdings gut die im Mittel vorhandenen Übertragungswerte. Zur Berechnung wurde die Phaseninformation ignoriert und nur das Betragssignal verwendet. Dass verständlicherweise nicht alle Leiter die selbe Abstrahlung aufweisen zeigt sich auch in der Fekosimulation. In der Abbildung rechts ist die minimal und maximal mögliche Transmission zum Monopol aus der Simulation dargestellt. Eine Mittelwertberechnung bei komplexen Zahlen, welches die Streuparameter ja darstellen, macht nur bedingt Sinn, veranschaulichen allerdings gut die im Mittel vorhandenen Übertragungswerte. Zur Berechnung wurde die Phaseninformation ignoriert und nur das Betragssignal verwendet.
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 ==== Leitungsverbindungen im Fahrzeug ==== ==== Leitungsverbindungen im Fahrzeug ====
-Wie bereits in den vorangegangenen Kapiteln gesehen spielen Verbindungsleitungen in der EMV ein große Rolle. Sie verbreiten die Emissionen nicht nur wie eine Antenne sondern führen leitungsgebundene Störströme direkt zu benachbarten Geräten. Die Störausbreitung muss nicht nur auf der Versorgungsleitung erfolgen, sondern kann sich aufgrund von Überkopplungen zu benachbarten Leitern im Kabelbaum auf beliebigen Adern ausbreiten. \\+Wie bereits in den vorangegangenen Kapiteln gesehen spielen Leiterverbindungen in der EMV ein große Rolle. Sie verbreiten die Emissionen nicht nur wie eine Antenne sondern führen leitungsgebundene Störströme direkt zu benachbarten Geräten. Die Störausbreitung muss nicht nur auf der Versorgungsleitung erfolgen, sondern kann sich aufgrund von Überkopplungen zu benachbarten Leitern im Kabelbaum auf beliebigen Adern verteilen. \\
 Nachfolgende Abbildung zeigt für das Beispiel eines zehnadrigen Kabelbaum über einer leitfähigen Tischfläche die Emissionen zu einer Monopolantenne in einem Meter Abstand. Bewertet werden jeweils die Transmission (Bild rechts). Nachfolgende Abbildung zeigt für das Beispiel eines zehnadrigen Kabelbaum über einer leitfähigen Tischfläche die Emissionen zu einer Monopolantenne in einem Meter Abstand. Bewertet werden jeweils die Transmission (Bild rechts).
  
 {{ :professoren_webseiten:rebholz:zehnadern_kb_transmission.jpg?direct&600 |}} {{ :professoren_webseiten:rebholz:zehnadern_kb_transmission.jpg?direct&600 |}}
  
-Mir geht es nicht darum den exakten Verlauf mit Ihnen zu besprechen, sondern einfach noch einmal die Varianz aufzuzeigen welche sich daraus ergibt. Die roten Linien zeigen die minimal und maximal mögliche Transmission. Je nach verwendeter Ader ergeben sich darin Unterschiede von bis zu 20dB. Das bedeutet, je nach gewählter Ader innerhalb des Bündels können die Messwerte zur gestrahlten Emission entweder 10dB über dem Grenzwert oder 10dB unter dem Grenzwert liegen. Zehn Adern innerhalb eines Kabelbaum sind eher die Regel als die Ausnahme. Teilweise verlaufen armdicke Leitungen im Inneren der Fahrzeugstruktur. Um die Kopplung und Impedanzeigenschaften der Leitungen genauer zu untersuchen schauen wir uns nun das Verhalten realer Fahrzeugkabelbäume genauer an.\\ +Mir geht es nicht darum den exakten Verlauf mit Ihnen zu besprechen, sondern einfach noch einmal die Varianz aufzuzeigen welche sich mit dem Einsatz eines Kabelbaums ergibt. Die roten Linien zeigen die minimal und maximal mögliche Transmission zu einer Monopolantenne. Je nach verwendeter Ader ergeben sich darin Unterschiede von bis zu 20dB. Das bedeutet, je nach gewählter Ader innerhalb des Bündels können die Messwerte zur gestrahlten Emission entweder 10dB über dem Grenzwert oder 10dB unter dem Grenzwert liegen. Zehn Adern innerhalb eines Kabelbaum sind eher die Regel als die Ausnahme. Teilweise verlaufen armdicke Leitungen im Inneren der Fahrzeugstruktur. Um die Kopplung und Impedanzeigenschaften der Leitungen genauer zu untersuchen schauen wir uns nun das Verhalten realer Fahrzeugkabelbäume genauer an.\\ 
-Dazu wird der Fahrzeugkabelbaum eines gesamten Fahrzeug an einem Hilfsrahmen befestigt und die Impedanzen an verschiedenen Stellen vermessen. Kabelwege lassen sich dadurch einfach nachverfolgen sowie bei der Emissionsmessung die Ausbreitung von Störströmen im Gesamtaufbau verfolgen. Nachfolgende Abbildung zeigt den Laboraufbau zur Untersuchung der Kabelbäume.+Dazu wird der Fahrzeugkabelbaum eines gesamten Fahrzeugs an einem Hilfsrahmen befestigt und die Impedanzen an verschiedenen Stellen vermessen. Kabelwege lassen sich dadurch einfach nachverfolgen sowie bei der Emissionsmessung die Ausbreitung von Störströmen im Gesamtaufbau verfolgen. Nachfolgende Abbildung zeigt den Laboraufbau zur Untersuchung der Kabelbäume.
  
 {{ :professoren_webseiten:rebholz:kabelbaumnachbildung.jpg?direct&600 |}} {{ :professoren_webseiten:rebholz:kabelbaumnachbildung.jpg?direct&600 |}}
  
-Führen wir jetzt unseren ersten Versuch mit dem Aufbau durch und integrieren den uns sehr gut bekannten Tiefsetzsteller. In unserem Testaufbau bewerten wird dann die ausgehenden Gleichtaktströme. Nachfolgendes Beispiel zeigt den Aufbau in Anlehnung zur Ansteuerung der Scheibenwischermotoren. \\+Führen wir jetzt unseren ersten Versuch mit dem Aufbau durch und integrieren den uns sehr gut bekannten Tiefsetzsteller. In unserem Testaufbau bewerten wird dann die ausgehenden Gleichtaktströme. Nachfolgendes Beispiel zeigt den Aufbau in Anlehnung zur Untersuchung eines Scheibenwischermotors mit dazugehörigem Steuergerät. \\
 Wir vergleichen dabei die Messwerte für den Gleichtaktstrom in dBµA: Wir vergleichen dabei die Messwerte für den Gleichtaktstrom in dBµA:
   * Aufbau analog der Komponentenmessung nach CISPR25 (Bild links a, rechts without harness)   * Aufbau analog der Komponentenmessung nach CISPR25 (Bild links a, rechts without harness)
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 Bereits auf den ersten Blick zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen der Messung im klassischen Laboraufbau mit der Netznachbildung und dem Fahrzeugkabelbaum. Die Leitungsresonanzen stechen deutlich hervor und heben jeweils den Störstrom entlang der Leitung deutlich mit bis zu 10dB an. Messbar, aber nur an wenigen Frequenzpunkten wirklich signifikant fällt der Unterschied an verschiedenen Positionen entlang des Kabelbaums aus. \\ Bereits auf den ersten Blick zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen der Messung im klassischen Laboraufbau mit der Netznachbildung und dem Fahrzeugkabelbaum. Die Leitungsresonanzen stechen deutlich hervor und heben jeweils den Störstrom entlang der Leitung deutlich mit bis zu 10dB an. Messbar, aber nur an wenigen Frequenzpunkten wirklich signifikant fällt der Unterschied an verschiedenen Positionen entlang des Kabelbaums aus. \\
-Diese erste einfache Messung erklärt sehr anschaulich, dass eingehalten Grenzwerte nicht immer eine Garantie dafür sind erfolgreiche Fahrzeugmessungen zu erhalten. Es macht daher Sinn, dass wir uns die Impedanz der Leitungsverbindungen noch einmal genauer anschauen. Das identische Problem existiert natürlich auch bei der klassischen AC Netznachbildung. Auch hier kann es zu einer Beeinflussung kommen obwohl alle EMV Anforderungen erfüllt werden. Aufgrund der meist geringeren Vernetzung zu Hause oder in der Industrieumgebung fallen solche Probleme allerdings deutlich seltener auf.// +Diese erste einfache Messung erklärt sehr anschaulich, dass eingehalten Grenzwerte nicht immer eine Garantie dafür sind erfolgreiche Fahrzeugmessungen zu erhalten. Es macht daher Sinn, dass wir uns die Impedanz der Leitungsverbindungen noch einmal genauer anschauen. Das identische Problem existiert natürlich auch bei der klassischen AC Netznachbildung. Auch hier kann es zu einer Beeinflussung kommen obwohl alle EMV Anforderungen erfüllt werden. Aufgrund der meist geringeren Vernetzung zu Hause oder in der Industrieumgebung fallen solche Probleme allerdings deutlich seltener auf.\\ 
-Nachfolgende Abbildung zeigt die Gleich- und Gegentaktimpedanz verschiedener Leiter (Zweidrahtleitungen) im Vergleich zur Messung mit Netznachbildungen.+\\ 
 +Nachfolgende Abbildung zeigt die Gleich- und Gegentaktimpedanz verschiedener Leiter (Zweidrahtleitungen) im Vergleich zur Messung mit Netznachbildungen. Die 3m und 6m Leitung befinden sich dabei innerhalb eines Kabelbündels mit weiteren Leitern bei unbekannter relativer Lage zueinander, die Eindrahtleitung ist gleichförmig auf einer leitfähigen Tischfläche aufgebaut.
  
 {{ :professoren_webseiten:rebholz:gleich-gegentaktimpedanz_fahrzeug.jpg?direct&800 |}} {{ :professoren_webseiten:rebholz:gleich-gegentaktimpedanz_fahrzeug.jpg?direct&800 |}}
  
-{{ :professoren_webseiten:rebholz:unterschied_gleich-gegentakt_fahrzeug.jpg?direct&600 |}}+Die schwarze Kennlinie zeigt die standardisierte Eingangsimpedanz bei der Verwendung von zwei NetznachbildungenIm differenziellen Pfad ergibt sich eine Serienschaltung mit 100Ω, für die Gleichtaktimpedanz eine Parallelschaltung und damit 25Ω. Schön zu sehen sind die aufgrund der Leitungsresonanzen entstehenden Minima und Maxima der Impedanzen in Abhängigkeit der Leitungslänge. Bei allen Messungen zeigen sich folgende Effekte:
  
-{{ :professoren_webseiten:rebholz:kritische_leiterlaenge.jpg?direct&100 |}}+<WRAP center round important 60%> 
 +  * Je je mehr Adern sich im Kabelbaum befinden, desto weniger ausgeprägt sind die Resonanzstellen! 
 +  * Gleichtaktimpedanzen sind von diesem Effekt deutlicher betroffen als die Gegentaktimpedanz. 
 +</WRAP>
  
 +Der erste Effekt ist deutlich zu sehen wenn Sie die 1m lange homogene Leitung (homogen bedeutet hier geradlinig parallel verlegtes Leiterpaar) mit der 6m langen Leitung innerhalb eines Kabelbaums vergleichen. Die Resonanzstellen der 1m Leitung zeigen eine sehr hohe Güte, wobei die Resonanzen der 6m Leitung eher verschliffen wirken und ungleichförmig. Da der differenzielle Strompfad den Hin- und Rückleiter berücksichtigt, ein Gleichtaktstrom jedoch nur eine Richtung kennt, treten die Gegentaktresonanzen entsprechend bei tieferen Frequenzen auf. Typischerweise für frequenzunabhängigen Materialien (Isolation) bei der halben Gleichtaktfrequenz. \\
 +
 +Für uns hauptsächlich von Interesse sind Resonanzstellen mit geringen Impedanzwerten im Vergleich zur Komponentenmessung, da sich hier ein hoher Störstrom ausbilden kann. Genau diese Überhöhungen der Störströme konnten wir zuvor in unserem einführenden Messbeispiel anhand des Scheibenwischermotors erkennen. Das bedeutet, wir sind der Ursache für die angestiegenen Emissionen dicht auf dem Fersen ... \\
 +Im direkten Vergleich der Gleich- und Gegentaktimpedanz sticht die Gegentaktimpedanz mit ausgeprägten Resonanzstellen unterhalb der Gegentaktimpedanzen der Netznachbildungen hervor, womit wir den zweiten allgemeinen Effekt beschreiben: Gleichtaktimpedanzen zeigen innerhalb eines Kabelbündels bereits bei wenigen Adern nahezu keine ausgeprägten Resonanzstellen mehr. Die Gleichtaktimpedanz ist in diesem Beispiel stets größer als die Gleichtaktimpedanz der Netznachbildungen. Die Ursache liegt darin, dass Gleichtaktströme jede Möglichkeit nutzen sich zur Masse zu schließen. Je mehr Adern zu Verfügung stehen, desto größer sind die kapazitiven Kopplungen zu benachbarten Leitern welche wiederum kapazitiv zur Masse gekoppelt sind. Für Gegentaktströme gibt es deutlich weniger Ausbreitungspfade, sie müssen entlang des Kabelbaums zurückfließen. \\
 +\\
 +Versuchen wir diese These jetzt zu verallgemeinern. Nachfolgendes Beispiel zeigt dazu das Setup für den Laboraufbau und die Fahrzeugmessung. Mit Hilfe einer Stromzange wird jeweils der Gleich- und Gegentaktstörstrom für zwei verschiedene Varianten gemessen und gegenübergestellt. Unterschieden wird jetzt eine Störquelle deren dominante Emission entweder eine Gleichtaktstörung (Bild c) oder eine Gegentaktstörung (Bild b) darstellt. 
 +
 +{{ :professoren_webseiten:rebholz:unterschied_gleich-gegentakt_fahrzeug.jpg?direct&600 |}}
 +
 +Im Teilbild c) zeigt sich deutlich, dass der Gleichtaktstrom in der Fahrzeugsituation über dem gesamten Frequenzbereich stets kleiner ist als die Referenzmessung im Labor. Dies deckt sich mit der Erkenntnis, dass die Gleichtaktimpedanz stets größer ist als die Laborimpedanz. Ganz anders die Situation bei der Gegentaktemission. Bei einer dominierenden Gegentaktstörung fallen die Leitungsresonanzen jetzt deutlich ins Gewicht und wir erhalten eine Überhöhung der Störströme. 
 +\\
 +\\
 +{{:professoren_webseiten:rebholz:kritische_leiterlaenge.jpg?direct&100 |}}
 +Ob wir also bei der Fahrzeugmessung im Vergleich zur Labormessung Probleme bekommen können hängt somit von mehreren Parametern ab. Entscheidend ist ob die Resonanzstellen unserer Anschlussleitungen größer oder kleiner sind als die Impedanz der im Labor verwendeten Netznachbildungen. Geringere Impedanzwerte generieren meist höhere Störströme entlang der Leitungen. Ganz verallgemeinern lässt sich die Aussage leider nicht, da die Störquelle an den entsprechenden Frequenzpunkten in der Lage sein muss den Störstrom auch zu treiben (zur Verfügung zu stellen, abhängig vom frequenzabhängigen Innenwiderstand der Störquelle). Die Resonanzstellen einer Leitungsverbindung lassen sich mit der Ausbreitungsgeschwindigkeit und der 
 +[[https://de.wikipedia.org/wiki/Permittivit%C3%A4t|Permittivität]] des Kabelmantels abschätzen. Ok, wer kennt schon die Dielektrizitätskonstante seiner eingesetzten Kabel welche meist auch noch frequenzabhängig ist ... verwenden Sie einfach für die Ausbreitungsgeschwindigkeit 2/3 der Lichtgeschwindigkeit! In die Berechnung der Resonanzstellen geht die Leiterlänge mit ein, womit wir durch Umstellen der Gleichung eine kritische Länge ermitteln können ab der Leitungsresonanzen auftreten können (Gleichung links). \\
 +\\
 +Nachfolgende Tabelle fasst die zuvor hergeleiteten Erkenntnisse noch einmal zusammen.
 {{ :professoren_webseiten:rebholz:tabell_einfluss_kabelbaum_dmcm.jpg?direct&600 |}} {{ :professoren_webseiten:rebholz:tabell_einfluss_kabelbaum_dmcm.jpg?direct&600 |}}
 +In vielen Fällen sind die Emissionen im Fahrzeug kleiner als die ermittelten Werte im Labor. Dies liegt daran, dass oft längere Kabelbäume mit einer hohen Adernanzahl zum Einsatz kommen und dadurch die Resonanzpunkte nicht mehr ausgeprägt sind. Besonders die Resonanzen der Gleichtaktimpedanz werden innerhalb der Kabelbündels stark gedämpft. Damit verbleibt das Problem für diese Art Kabelbäume hauptsächlich dann, wenn die Gegentaktstörungen die Gleichtaktstörungen dominieren. In den vorhergehenden Kapiteln haben wir gesehen, dass in vielen Fällen jedoch die Gleichtaktemission dominant ist, womit sich das Problem noch weiter reduziert. Kritisch zu bewerten sind demnach generell kurze Leitungen (1-2m) welche nicht innerhalb eines Bündels laufen. Hier kann es zur Anhebung sowohl von  Gleich- als auch Gegentaktströmen kommen. \\
 +Die Eingrenzung der Fälle spiegelt sich auch mit den Erfahrungen aus dem EMV-Labor: Die Problematik höherer Emissionen im Fahrzeug als in der Komponentenmessung kann vorkommen, allerdings nur in einer geringen Anzahl an untersuchten Systemen. Mit den hergeleiteten Ergebnissen sind wir in der Lage eine Aussage darüber zu Treffen ob unsere Komponente betroffen sein wird oder nicht.
 +
professoren_webseiten/rebholz/emv.1592164115.txt.gz · Zuletzt geändert: 2020/06/14 19:48 von hrebholz

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